Ohrid

🕐 12. Mai 2016Ohrid, Mazedonien ☀

Am Morgen des 3. Mai verließen wir Sarajevo in Richtung Mostar. Erst fuhren wir mit der Bahn ein gutes Stück raus, dann fingen wir an zu trampen. Der erste Lift, mit einem älteren Mann, war rech kurz gehalten - er fuhr uns nur zu einer geeigneteren Stelle. Bei der nächsten Ge-legenheit warteten wir lediglich eine Viertelstunde, um von einem sehr netten Herren mitgenommen zu werden, der während des Krieges als junger Mann nach Deutschland emigrierte und daher auch fluessig deutsch sprach. Er erzählte uns von der Geschichte seines Landes und dass es auch heute noch ein Überlebenskampf in Bosnien sei, da die Wirtschaft mit dem Krieg verschwunden ist und das Land sich nur langsam erholt. Er hatte es in Deutschland sehr gut und wollte ihm etwas zurückgeben, weswegen er auch sehr erfreut war, dass wir aus Deutsch-land kamen.
Hinter einer Bergkette ließen wir Bosnien hinter uns und erreichten Herzegowina. Das Klima war ein komplett anderes. Während es in Bosnien kühler und verregneter war, waren in Herzegovina bereits reife Kirschen zu finden und die Umgebung hatte mit einem Mal einen mediterranen Flair. Es gab Palmen und die Luft war frischer und trockener. Auch waren weniger Wolken am Himmel. Er ließ uns in einer Stadt mit einer bekannten Brücke raus, in der wir noch einen Burek genossen.

Nach ca. 2 Stunden Aufenthalt stiegen wir in unseren bisher bemerkens-wertesten Lift. Ein Mann - um die 30 - hielt mit seinem VW in unserer Parkbucht ganz am Ende der Stadt. Hierzu sei gesagt, dass der Marktanteil alter VW's sehr hoch in der Umgebung von Sarajevo war, da dort vor dem Krieg eine große Fabrik stand. Dieser VW war aber sehr alt und auch rostig und hätte in Deutschland bestimmt 10 Jahre keinen TÜV mehr be-kommen. Von innen betrachtet definierte der Wagen das Wort ranzig komplett neu. Alles kaputt oder dreckig. Hauptsache Platz! Als er anfuhr war ich mir nicht sicher, ob er es schaffen konnte.
Nach ein paar knappen Sätzen, wer wir sind und wohin wir wollten, fragte er: Do you need Weed? Wir verneinten und unterhielten uns stattdessen über unsere beruflichen Tätigkeiten. Schließlich kam David auf die geniale Idee zu fragen, was unser Fahrer denn so beruflich mache. Er sei ein grower, so die Antwort. Grower sind Leute, die Gras anbauen. Er hatte angeblich 400 Pflanzen daheim rumstehen und neulich 3kg Gras vertickt.
Wir fuhren weiter, links die Berge, rechts ein gigantischer See an dem die Straße entlang fuehrte. Ehe wir uns versahen, fuhren wir eine Gasse zum Strand herunter, damit unser Fahrer sich einen Jonny drehen konnte. Was er nicht bemerkte, wir dafür aber schon, waren die Insassen eines anderen Wagens, der direkt neben uns parkte. Ein Pärchen hatte sich diese Stelle als Gelegenheit zum Stelldichein genutzt und war gerade voll zugange, als unser Fahrer direkt hinter ihnen parkte und es sich erschrocken hinter der Scheibe versteckte. Immer wieder blickten sie verstört zu uns in den Wagen, ob wir wohl weg wären, während sich unser Fahrer gechillt seinen Jonny drehte und uns coole Verstecke für sein Gras - z.B. in einer umgebauten Fanta-Dose zeigte.
Schließlich war er soweit und wir fuhren weiter, während er easy beim Fahren einen durchzog. Dass uns dauernd Polizeiwägen entgegen kamen, störte ihn nicht. Ziemlich high ließ er uns schließlich 20km weiter raus, wo wir schnell einen Lift bis nach Mostar fanden, der uns bis zu einem Hostel brachte.

Mostar liegt in Herzegowina und das Klima war schlagartig anders. Statt grauem Him-mel erwartete uns ein mediterranes Flair und Palmen. Wir nächtigen zwei Mal im Hostel Lena und besichtigten die Stadt, welche besonders bekannt für ihre Brücke (UNESCO Weltkulturerbe) ist. Das Viertel um die Brücke ist mit schönen Touristengassen und Läden durchzogen, die wir das ein ums andre Mal beschritten. Man merkte der Stadt an, dass sie wesentlich wohlhabender ist als die Städte in Bosnien. Die Bevölkerung ist durch den Fluss als Grenze in eine muslimische und eine kroatische Hälfte gespalten, manche haben seit Jahren nicht diese Grenze überschritten.
Wir verweilten zwei Tage in Mostar und brachen schließlich in den Süden auf. Da wir über Couchsurfing eine Über-nachtung in Ljubuski gefunden hatten, trampten wir lediglich ein paar Kilometer an diesem Tag und setzten uns dort in Parks und Cafés und spielten Karten, bis wir am Abend mir Marija verabredet wa-ren. Zusammen mit ihr und ihren Freund-innen, die zusammen eine NGO für Jugendarbeit gegründet hatten (für die Marija auch einen Preis gewonnen hatte), gingen wir noch im NoName Bar&Café ein Bierchen trinken.

Am nächsten Tag hatten wir vor bis nach Dubrovnik zu trampen, aber wir hatten erhebliche Probleme voranzukommen. Wir deckten uns im Supermarkt mit allem Nötigen ein (Essen, Trinken, Süßes) und stapften los. Es war der mit Abstand heißeste Tag und wir brauchten sehr lange um überhaupt an die Grenze zu Kroatien zu kommen. Dort wurde gerade gebaut und man hatte eine fantastische Aussicht. Nach einer Stunde Gitarrenmusik und Gesang (zur Freude der Bauarbeiter) wurden wir von einem Unwetter überrascht und stellten uns an der neuen unfertigen Grenzanlage unter. Glücklicherweise sammelte uns dort ein freundlicher Mann ein (der dem Hare-Krischna-Kult angehörte) und nahm uns durch eine wunderschöne Bergstraße zum nächsten Ort mit. Er fuhr sogar deutlich weiter als er musste, damit wir nicht festsaßen. Endlich waren wir am Meer!
Es wurde allerdings bereits dunkel und so stellten wir fest, dass wir in dem kleinen Städtchen Opuzen festsaßen. Jeder dort schien ca. zwei Hektar Land mit Mandarinen- oder Olivenbäumen zu besitzen. Dort fragten wir ein vorbeikommendes Mädchen, ob sie nicht einen Platz für unser Zelt wisse. Sie sprach mit ihrem Vater, ein gestrenger Mann mit düsterem Blick - dieser führte uns in ein dunkles Zimmer seines Hauses und plötzlich blitzte in seinen Händen etwas auf...
... das sich bei näherer Betrachtung als Weingläser entpuppten. Wir befanden uns in seinem Weinkeller! Bevor wir allerdings die halbe Nacht seinen Wein verkosteten gingen wir mit seinen beiden Töchtern auf ein paar Bier in die Bar...

Am folgenden Tag waren unsere Zungen noch süß und unsere Schädel vom Alkohol schwer. Wir wurden von Diana und Jelena im Dorf herumgeführt, gingen in den Supermarkt und tranken zusammen Kaf-fee. Im ganzen Balkan bekommt man zu seinem Kaffee übrigens immer ein Glas Wasser hinzu - sehr löblich!
Gegen Mittag verabschiedeten wir uns und gingen los zur anderen Seite der Stadt, um den Stadtverkehr zu meiden. Wir mussten aber coole drei Stunden in der Sonne braten, bis uns ein deutsches Touristenpärchen aus Köln bis nach Dubrovnik mitnahm; einen Tag zuvor hatten sie einen Tramper mitgenommen, der aus Nepal durch den Iran nun nach Deutsch-land zurückkehrte: BenUmDieWelt.de
In Dubrovnik checkten wir in ein Hostel ein und begriffen sehr schnell: hier wirst du über den Tisch gezogen wie ein Tourist. Die Rechnungen waren höher, der Komfort geringer. Der Hafen von Dubrovnik war sehr beeindruckend und gut mit Booten und Schiffen jeder Größe gefüllt. Wir schlenderten durch den Hafen, in dem immer wieder Ozeanriesen anleg-ten und Horden tumber Touristen tölpeln direkt in die arme der Tourismus-industrie.
In Kroatien wird gesagt Dubrovnik sei alles was sie haben und die Hafenstadt am Berg ist in der Tat sehr eindrucksvoll. Man sollte nur keine Restaurants oder Bäckereien aufsuchen.

Am zweiten Tag in Dubrovnik liefen wir zur Altstadt, die auch als Requisite der Stadt Königsmund in der Serie "Game of Thrones" dient. Obwohl nicht Saison war, waren dort viele Touristen. Der Tag war heiß und wolkenlos. Die Altstadt ist komplett mit Mauern umgeben und hat eine breite Anlegebucht als auch einen kleinen Felsenstrand für Badegäste. Der Eintritt in die Stadt war frei, wer aber die Aussicht auf den Mauern genießen wollte, der musste fast 20€ zahlen und das war uns zu viel, also beließen wir es bei den Gassen.
Immerhin hatten wir auch von unserem Hostel aus eine gute Sicht auf den Hafen und so schmausten wir abends auf dem Balkon. Leider kein gutes Essen, sondern nur gekauftes, da wir in dem Hostel nicht kochen konnten. Auch der Mond bot einen schönen Anblick.

Am Tag darauf liefen wir den ganzen Weg mit Gepäck bis zur Bergstraße hinauf, die dem Berg und der Küste weiter in den Südosten folgte. Nach nicht allzu langer Zeit fanden wir schon einen netten Mann der uns ein gutes Stück Weg mitnahm. In einem kleinen Dorf, in dem wir rausgelas-sen wurden, fanden wir abermals fix eine Gelegenheit zur Weiterfahrt bei einem alten Mann, der gut Deutsch sprach, da er aus der Schweiz kam. Er hatte sich in Montenegro ein Haus gekauft, weil er dort seinen Lebensabend verbringen wollte und er fuhr uns auch bis nach Montenegro hinein. Unterwegs erzählte er uns davon, wie korrupt das Land war und dass jeder sich dort Land kaufen kann, sofern er nur Geld hat. Wir gingen hinter der Grenze noch kurz ein Bier tanken (er schmierte laut eigener Aussage jährlich die Zöllner, um Wein zu importieren), dann ließ er uns an einer Autofähre raus. Mit dieser überquerten wir einen Meeresarm und fuhren mit einem Landrover bis in die nächste Stadt.

Ein Personenbus mit 2 kroatischen Frem-denführern hielt an und nahm uns mit. Die beiden heißen Katarina und Luciano und besaßen eine eigene Reiseagentur mit welcher sie Reisen im ganzen Balkan und weiter östlich organisierten. Kurz mit dabei war auch ein Kanadier namens Larry, der durch blabla car zusammen mit ihnen reiste, aber nur eine Weile bis Budva, wo wir am Strand einen Kaffee tranken. Budva zählt als Las Vegas von Montenegro. Gegen Abend passierten wir die Grenze zu Albanien. Kurz dahinter lag die Stadt Shkodra, in der wir uns trennten und die Nacht auf dem gruseligsten Campingplatz Albaniens verbrachten. Doch hatten wir uns für den kommenden Tag verabredet und setzten unsere Reise weiterhin gemeinsam fort. Da sie bereits eine Reise am 31.05. für 30 Leute planten, hielten wir immer wieder an schönen Stellen und und Sehenswürdigkeiten an und redeten den ganzen Tag über Geschichte und Historie des Balkans. Gegen Nachmittag machten wir einen Halt an einem Restaurant in einem am Bergfuß gelegenen kleinen Dörfchen und mussten schwer schuften: da der Wirt nur deutsch verstand, übersetzten wir und halfen bei der Wahl des Menüs für die Reisegruppe und verköstigten eine stolze Menge Essen. Welch schweres Los!
Gegen Abend passierten wir schließlich die Grenze Albanien-Mazedonien und David wurde quasi bis auf die Unterhose gefilzt, wobei er schwer ins Schwitzen geriet. Ich hingegen musste nicht einmal meinen Rucksack öffnen. Es war schon gegen 22:30 Uhr als wir in der Stadt Ohrid am Ohridsee, Europas ältestem See mit einzigartiger Artenvielfalt, erreichten und in ein gutes Restaurant einkehrten um zu speisen. Man brachte uns 3 Platten mit Käse, Wurst, Gemüse, Aufstrichen, selbstgemachtes Olivenöl und große Mengen an Brot. So tafelten wir Unmengen!
Da nicht klar war, wo wir die Nacht über bleiben wollten, boten uns Katarina und Luciano an die Kommenden bei ihnen zu verbringen, da sie ein großes Apartment gemietet hatten. Es war sehr luxuriös und hatte eine Fläche von 107m^2, sodass jeder ein eigenes Zimmer hatte. Den süßen Träumen stand nichts mehr im Weg!

Am nächsten Tag wurde ausgeschlafen und gegen Mittag machten wir uns auf, den See und das Umland zu betrachten. Es gab eine schöne Kirche, eine höher gelegene Burg und auch Pfade, welche sich am Rande des Sees durch den Wald schlän-gelten. Gegen Abend aßen wir in einem Restaurant guten Fisch. Zurück im Apartment hatten wir kaum die Füße hochgelegt, als unsere Mitbewohner mit uns wieder in eine Bar gingen. Widerwillig schmausten wir abermals! Der Club ist eben immer auf Tour!