Rainbow Days
🕐 19. Mai 2016 | Rainbow, Mazedonien ☀ |
Am Morgen des 12. Mai verliessen wir Ohrid und fuhren ein letztes Mal mit Luciano und Katarina mit.
Nach einer Stunde Fahrt folgte ein tränenreich-er Abschied. Wir standen nun also an einer Straße, weit entfernt
von grö-ßeren Städten, mitten auf dem Land.
Der Verkehr hielt sich noch mehr in Grenzen als die Balkanländer nach dem Fall
Jugos-lawiens. Interessant ist allerdings, dass Mazedonien, das als ärmste Region Jugoslawiens galt, nie am darauffolgenden
Krieg beteiligt war, was wohl dem Präsi-denten Ihres Landes zuschulden kam. Im Gegensatz zu Bosnien und Alba-nien muss man sich
daher auch nicht vor Landminen in der Natur fürchten.
Wir hatten eine Straße gewählt, die direkt zum Rainbow führte; dementsprechend kamen auch einige Leute vorbei, die zum Rainbow fuhren und einer nahm mich mit. David musste noch ein wenig länger auf einen Lift warten. Anders als David, der die letzten 10 km einen Feldweg zum Rainbow laufen musste, da er keinen fand der Ihn mit nehmen wollte, wurde ich direkt bis zum Rainbow gefahren. Beide jedoch mussten wir noch eine volle Stunde durch einen Pfad im Wald gehen, bis wir unser Ziel erreicht hatten, doch die Menschen und der Empfang dort waren sehr herzlich. Gegen Abend waren wir beide am Rainbow und schlugen unser Zelt in einer Waldlichtung während der Dämmerung auf, als ein heftiger Regen einsetzte.
Der Sturm hatte uns kalt erwischt, denn sowohl wir als auch unsere Sachen wurden komplett durchnässt.
Auch das Aufwärmen am kleinen Feuer in der Chai-Kitchen brachte nichts und so verbrachten wir unsere erste Nacht dort zitternd und schlotternd.
Am darauffolgenden Tag schien die Sonne und wir entschlossen uns, eine höhere Lagerstätte zu errichten. Auf einer Anhöhe schließlich erbauten wir wir unser Zelt und gruben sogleich eine Feuerstelle. Nun hatte man auch einen guten Ausblick auf die Umgebung. Der Wald, in dem das Rainbow lag, erstreckte sich weit in einem Tal, eingekesselt von anseh-lichen Bergen, welche nur teilweise vom Wald, aber immer mit Grün bedeckt waren. Sie erschienen ausserordentlich glatt geformt, wenig un-berührt, als ob sie mit einer grossen Schleifmaschine allen unebenen Stellen beraubt worden wäre. Das Rainbow selbst war fast vollständig am Bach gelegen, der wiederum durch den Wald floss. So standen nur ver-einzelt Zelte in der Nähe des langen Hauptpfades.Auch das Tipi, die chai- und mainkitchen sowie der welcoming place lagen im Wald. Einzig das mainfire wurde an einer Anhöhe, weit unterhalb unseres Lagers, am Waldrand errichtet.
So also begannen unsere Tage ohne Kom-fort, an denen wir Feuerholz sammelten, in der Küche halfen und uns mit anderen Weltenbummlern über Philosophie und Da-sein austauschten. Und tatsächlich befan-den sich auch erinnernswerte Menschen in dem bunten, grösstenteils aus Bulgarien und Mazedonien angereisten Haufen, da es ein kleines Treffen mit ca. 40 Leuten war. Adrian zum Beispiel, ein junger Mann der den ganzen Weg aus Frankreich mit seinem Motorrad hergereist war und sich wie wir den Balkan ansah. Pajo, ein Mazedonier, mit dem ich mich stundenlang ueber Politik und Geschichte Mazedoniens unterhielt. Oder auch die beiden österreicher Jan und Patrick, welchen wir entsprechend Ihren Eigenschaf-ten die Spitznamen Durchfall und Machete gaben. Es war sehr spassig, mit Ihnen das Stockbrot zu brechen. Und der immer entspannte Jarek war stets eine meditative Stütze. Zu essen gab es meist eine Pampe aus Reis mit Salat, oder eine Suppe mit vielen Kartoffeln und anderem Gemüse. Die Foodcircel (also das gemeinsame Essen) fand zwei Mal am Tag, mittags und abends statt.
An einem Tag wanderte ich sogar bis zu einem Dorf unweit der griechischen Grenze, um dort Mehl und Nudeln zu kaufen.
David verarbeitete diese und ein paar gefundene Goldröhrlinge an unserem Feuer zu einem formidablen Mahl. Mit seinem Gitarrenspiel bot er den Menschen dort auch ein ums andere Mal Freude. Dort wurden auch viele Instrumente – besonders Trommeln – ge-spielt. Die meiste Zeit also halfen wir beim Aufbauen des Lagers, brieten Stock-brot oder taten gar nichts.
Am vorletzten Tag entschieden wir, uns zu säubern; jedoch regnete es den halben Tag und nicht einmal schien die Sonne. Das Wasser im Bach tat sein übriges und so zog es David vor, sich mit einem Waschlappen zu erfrischen, währenddessen ich mich in eine Kuhle des Baches setzte und dadurch das kalte Wasser in arschkaltes Wasser verwandelte. Irgendwie überlebten wir die Prozedur. Am Tag darauf, dem 18., verliessen wir das Camp mit der Foodmission (=Leute, die in der Stadt alle paar Tage Vorräte einkaufen). Wir trampten schließlich Richtung Bitola. Auf dem Weg dorthin nahmen uns ein paar Ranger mit und setzten uns in einem Dorf ab, in dem es mehr Traktoren als Autos gab. Vielleicht gab es dort auch mehr Traktoren als Einwohner. Wer weiss das schon. Wir wurden dort auch von der Polizei nach unseren Personalien befragt und es zeigte sich, dass sie sich um ein vielfaches freundlicher verhielten als deutsche Polizisten (…). In der Stadt Bitola ange-kommen buchten wir 2 Nächte im Goldy Hostel und besich-tigten ein bisschen die Stadt.
Zudem trafen wir letzte Vorbereitungen für das nächste Etappenziel unse-rer Reise, das Flüchtlingscamp Idomeni, an dem wir am 22. Mai ankom-men wollen…