Ein neues Heim in Nepal
🕐 17. November 2016 | Annapurna, Nepal ☀ |
Indien - wer hätte das gedacht
Das Flugzeug hob sich langsam in den Nachthimmel. Unter mir waren die Lichter der Stadt Bishkek zu sehen.
Während wir über die schneebedeckte Berggipfel Chinas flogen ging langsam die Sonne am Horizont auf und
bot einen tollen Ausblick. Im Flugzeug selbst versuchte eine Gruppe Muslime mich während des gesamten Fluges
zum Islam zu bekehren. Leider ohne Erfolg. Da tauchte schließlich die 16-Millionen Metropole Neu-Delhi unter
uns auf, ein Meer aus Häusern soweit das Auge reicht oder soweit man es durch den Morgensmog erkennen kann.
Wer hätte gedacht, das ich nach Indien kommen würde. Vor der Reise hatte ich das Land kategorisch ausgeschlossen,
da man dort nicht hin-trampen kann, doch einige Umstände zwangen mich zum Ändern meiner Pläne.
Gegen acht Uhr landete ich in der Haupt-stadt Indiens, die letzte Nacht hatte ich durchgemacht und für den Tag
standen noch einige Aufgaben an. Die Wohnung meines Gastgebers war am anderen Ende der Stadt und so fuhr ich
zwei Stunden mit Neu-Delhis supermoderner U-Bahn durch die Gegend, um anschließend noch in einem “shared tuk-tuk“
fünf Kilometer weiter zu gurken. Wie überall in der Stadt war auch hier der Verkehr enorm chaotisch und es
ist jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung eine vierspurige Straße zu überqueren.
Endlich kam ich in der WG von Jayanth an, der sein Zimmer mit mir teilen wollte. Zugleich war auch ein
anderer Couchsurfer aus Deutschland da, der bereits vier Monate durch Indien gereist war. Von ihm holte
ich mir erstmal eine Menge Informationen, unter anderem auch wie ich ein Zugticket nach Nepal buche.
Es gab keine direkte Zugverbindung, son-dern nur einen Zug nach Gorakhpur, was ungefähr 100km
von der Grenze entfernt liegt. Da in Indien Zugtickets fast immer einen Monat im Voraus ausverkauft sind, hat die
Regierung für Touristen Last-Minute-Tickets eingeführt. Doch um diese zu erwerben, muss man zu einem großen Bahnhof
kommen... also noch nicht schlafen, sondern zurück zur Metro und zwei Stunden zurück ins Zentrum gurken. K
urz darauf hatte ich meinen Übernacht-Zug für in zwei Tagen gebucht und weitere zwei Stunden später zurück
in Jayanths Bude fiel ich erstmal ins Bett.
Am nächsten Tag schlenderte ich ein wenig durch Delhis überfüllte Straßen. So viele Menschen,
unglaublich! Da war ich doch froh am nächsten Tag ins ruhigere Nepal aufbrechen zu können. In
den Zügen in Indien gibt es verschiedene Klassen. Die Geeignetste, um billig unterwegs zu sein
plus ein Brett zum Schlafen zu haben, ist die “Sleeper“-Klasse. In jedem Abteil sind 2x drei
Pritschen übereinandergelagert, auf denen man sich ausstrecken kann. Im Zug traf ich auf
zwei deutsche Journalisten, die ebenfalls auf dem Weg nach Nepal waren, weil ihr Visum ablief.
Schaut mal auf deren Website, die Zwei machen gute Arbeit:
www.weinertbrothers.com
Eine glückliche Zusammenkunft
Pünktlich kamen wir am nächsten Morgen in Gorakhpur an. Von hier aus waren es drei Stunden im Bus bis an die
nepal-esische Grenze. Der Grenzübergang Sinauli ist ein wenig chaotisch organisiert: man geht durch eine
geschäftige Straße und plötzlich ist dort ein Schranke. Keine Spur von Grenzbeamten, die den Pass prüfen.
Man muss regelrecht nach dem indischen Immigration-Office suchen, um seinen Stempel in den Pass zu bekommen.
Dann dasselbe nochmal auf nepalesischer Seite und 40$ später hat man ein schönes einmonatiges Visum
für Nepal im Pass kleben.
Da ich nach der Zeit in Zentralasien noch immer in Tramperlaune war, dachte ich mir es doch mal in Nepal zu
versuchen. Ich ging also ein Stückchen der Straße folgend aus der Stadt hinaus, doch am nächsten Busstand
stoppte mich eine Gruppe Soldaten.
„Verdammt“, dachte ich, „die wissen bestimmt nicht was Trampen ist.“
Also gab ich an nur ein bisschen die Straße entlangzulaufen, bevor ich den Bus in die nächste Stadt nehmen wollte.
Das stimmte sie zufrieden, je-doch sagten sie mir, dass man hier nicht weiterlaufen könne und ich den Bus
nehmen müsse.
Tja, das war dann wohl höhere Gewalt. Ich stieg in den Bus (die übrigens ausnahmslos zu niedrig für europäische
Größenver-hältnisse gebaut sind - Aua, mein Kopf!) und begann ein Gespräch mit einem freundlichen Nepalesen.
Es stellte sich heraus, dass er ebenfalls auf dem Weg nach Pokhara war und da es spät wurde, lud Deep Raj
(gesprochen Defras) mich ein, mit ihm bei seinem Cousin zu übernachten.
Dieser hatte ein schönes Haus im noch flachen Gebiet Nepals und wir wurden herzlich empfangen. Mit Deep Raj,
seinem Cousin und dessen drei Töchtern spielten wir nach dem Abendessen noch eine Runde Karten und
gingen danach alsbald zu Bett. Der nächste Tag brach an und mit ihm eine lange Reise nach Pokhara.
Für die 200 km durch die Hügel (in Deutschland würden wir Berge sagen) brauchte der Bus ca. acht Stunden.
Die komplett flache Landschaft wandelte sich binnen weniger Kilometer in eine hügelige Landschaft, in
der sich die Straße stets am Rande eines Abgrunds entlangschlängelte. Als wir am späten Nachmittag in
Pokhara ankamen, fragte Deep Raj mich, ob ich in der Stadt bleiben oder mit zu ihm in sein Dorf kommen
wolle. Die Entscheidung war schnell gemacht und da es zu spät für den Bus war, nahmen wir einen Jeep,
der uns aus der Stadt in die kleinen Dörfer bringen sollte. Am Hang eines Hügels war Deep Rajs Dorf
gelegen und als wir sein Haus erreichten, war es bereits Nacht geworden.
Seine Mutter Rama erwartete uns bereits mit dem Abendessen. Von nun an sollte ich für eine Weile das beste
Essen genießen, dass man sich nur wünschen kann. Es gab stets Reis mit Dal und Curry. Aber der Reis hatte
einen Geschmack, wie man ihn sonst nirgendwo auf der Welt bekommen kann. Dazu die leckere Dal-Soße und das
schmackhafte Curry aus frischem Gemüse - einfach himmlisch! Nach dem Essen gab es immer ein Glas frischer
Buffalo-Milch vom eigenen Buffalo, der hinter dem Haus im Stall lebte.
Deep Raj zeigte mir anschließend das Gästezimmer und ich richtete es mir ge-mütlich ein. Da ich eine
lange Reise hinter mir hatte, schlief ich am nächsten Tag lange aus und als ich wach wurde, war der
Himmel bereits bewölkt und ich konnte noch nicht die Berge sehen.
Von nun an sollte sich ein stetiger Tagesrhythmus einstellen. Aufgestanden wurde um 6 Uhr in der Früh.
Es gab eine Tasse Tee in der Küche und anschließend ging Rama den Buffalo melken. Am Vormittag erledigte
Deep Raj kleinere Arbeiten in Hausnähe und gegen 10 Uhr gab es dann das Frühstück: eine riesige Portion
Reis, Dal und Curry und zum Runterspülen ein Glas Buffalo-Milch.
Nun war es Zeit größere Arbeiten in An-griff zu nehmen. Oftmals begleitete ich Deep Rajs dazu aufs Feld,
da gerade die Reisernte anstand. Je nachdem, ob Zeit war Mittagessen zu Hause einzunehmen oder nicht,
gab es entweder Milch-Tee mit Pfannkuchen oder auf dem Feld Tee mit “beaten rice“, einer Art Reisflocken,
die man roh essen kann.
Diverse Male während des Tages ist Zeit für eine stärkende Tasse Tee angesagt und wenn es dunkel wird
(so gegen 17 Uhr) kehrten wir von der Arbeit nach Hause zurück.
Um 20 Uhr ist es dann Zeit für das große Abendessen, welches entsprechend dem Frühstück aus Reis, Dal,
Curry und einem Glas Buffalo-Milch besteht. Dieses wird verzehrt, während im Fernsehen grade die neue
Folge der Serie Anuman läuft, die die Geschichte der Hindu-Gottheit Anuman erzählt. Um 21 Uhr ist es
dann Zeit schlafen zu gehen, und müde und erschöpft falle ich ins Bett.
Das Essen
Deep Raj (und eigentlich jeder im Dorf) baut all sein Essen selbst und organisch, ohne den Einsatz von
Pestiziden, an. Daher kommt wohl der unvergleichliche Ge-schmack des Reis, Dals und Curries, denn
ausnahmslos alles, selbst die Gewürze stammen aus dem eigenen Garten.
Der Reis am Morgen gibt einem Energie für den ganzen Tag (die die Leute bei der harten Feldarbeit auch brauchen)
und der Reis am Abend hält ebenfalls über die Nacht und bis in den Vormittag hinein gut gefüllt.
Der Tee wird aus kleinen schwarzen Tee-Kügelchen gemacht. In Darjeeling wird man mir erklären, dass
dies bei der Tee-Produktion das günstigste End-Produkt ist. Allerdings beziehen die Nepalesen ihren
Tee aus Ilam, der Tee-Stadt Nepals nicht weit von Darjeeling entfernt. Der Tee wird mit Wasser und
Buffalo-Milch aufgekocht und mit Rohrzucker gesüßt. Eine wahre Energiebombe!
Hin und wieder gab es auch einen Lassi-Milchshake mit Bananen und Äpfeln. Aufgrund der frischen
Milch ein Gedicht!
Zum Frühstück essen die Nepalesen oft auch einen schwarzen Brei, Diro genannt. Dieser wird aus der
Millet-Pflanze gewon-nen, aus der auch Wein gewonnen wird. Allerdings sollte man den Brei nicht kauen,
weil man die Körner sonst nicht mehr von den Zähnen bekommt. Stattdessen formt man kleine Bollen aus ihm,
tunkt diese in das Dal und schluckt ihn anschließend mit einem Haps hinunter. Nicht so einfach, wenn man
das nicht gewohnt ist!
Jegliches Essen dort hat einen einzigartigen Geschmack, den ich so sonst nirgendwo auf meiner Reise finden
konnte!
Die Arbeit auf dem Feld
Wie schon erwähnt baut Deep Raj alle seine Nahrungsmittel selber an. Pro Jahr erntet er so 750kg Reis,
400kg Millet, 100kg Kartoffeln, 100kg Raps und 200kg Gemüse. Der Zucker wird aus Rohrzucker gewonnen
und der Buffalo gibt das halbe Jahr lang insgesamt 1000 Liter Milch. Das meiste davon verbraucht die
Familie übers Jahr, lediglich 150kg Reis werden verkauft.
In der Zeit meines Besuches stand die Reisernte an und so begleitete ich Deep Raj fast jeden Tag aufs
Feld. Die Reisfelder sind in Terrassen am Hang angelegt und um dorthin zu kommen, muss man meist einige
Höhenmeter hinter sich bringen. Kommt man dann endlich beim Feld an, wird jegliche Arbeit per Hand
erledigt, Maschinen kommen nicht zum Einsatz. Dies hat natürlich den Vorteil, kein nerviges Geknatter
zu hören, was das Erlebnis der idyllischen Landschaft natürlich sofort zerstören würde.
Zunächst wird der Reis, der wie eine große Weizenähre aussieht, mit einer Sichel ge-schnitten.
Diese Ähren werden dann ein-fach auf den Boden gelegt und müssen 3-4 Tage trocknen. Anschließend
wird der ganze Reis gesammelt und zu einem groß-en, runden Stapel zusammengelegt. Dabei ist wichtig,
dass die Reiskörner nach innen zeigen, da durch die Wärme in diesen Stapeln der Geschmack des Reis'
verbessert wird.
Nach ungefähr einer weiteren Woche ist es dann an der Zeit, die Reiskörner von den Ähren zu trennen.
Dazu gibt es zwei Wege: der eine ist, die Körner mit dem Fuß abzudrücken, der andere Weg ist, wie
Deep Raj auf dem Bild es vormacht, von den Ähren abzuschlagen, indem man sie auf den Boden
donnert.
Nun müssen die Reiskörner aufgelesen und in Säcke verpackt werden und das Stroh wird zusammengelegt.
Beides muss nun den Berg hinauf zurück zum Heim trans-portiert werden. Die gängige Weise in Nepal
und Indien ist Lasten per Seil am Kopf zu befestigen und auf dem Rücken zu tragen. Hierbei tragen
auch die Frauen 30 Kilogramm mit der Stirn, unglaublich!
Ist der Reis erst einmal nach Hause trans-portiert, muss er ungefähr für zwei Tage in der Sonne
trocknen und gesiebt werden, so dass nur die guten Körner übrig bleiben. Dann kann der Reis
endlich zur dörflichen Mühle gebracht werden und nach dem Mahlen gibt es fertige Reiskörner!
Wie ihr seht, ist das eine echt harte Ar-beit, aber ich kann euch versichern, das Er-gebnis überzeugt.
Natürlich verbietet es die nepalesische Gastfreundschaft, dass ich auch auf dem Feld helfen durfte,
und so unterstützte ich Deep Raj und seine Familie stets mit fröhlicher Gitarrenmusik bei der
Feldarbeit.
Ein Ausflug nach Pokhara
Ein paar Stunden Fußmarsch von diesem kleinen Dorf entfernt liegt die Stadt Pokhara, welche auch für alle
Touristen ein Anlaufpunkt ist. Es gibt zwar auch einen Bus, aber ich marschierte entlang des Flusses vorbei
an diversen kleinen Brücken.
Auf einer Brücke konnte ich einen Affen entdecken, der gerade den Fluss überquerte.
Nähert man sich dann der Stadt, verschwindet die Idylle und man gerät wieder in den Trubel dieser großen
Städten, wobei Pokhara doch eine ziemlich saubere Stadt ist. Ich streifte ein wenig durch die Straßen und
befand mich schließlich am Fewa-Lake, dem großen See am Rande der Stadt. Hier befindet sich die
Touristenzentrale mit allen Hotels und Restaurants mit Seeblick. Mir persönlich war das dann doch zu
viel Trubel und ich war froh, in dem kleinen nepalesischen
Dorf untergekommen zu sein.
Bei einem weiteren Ausflug nach Pokhara zusammen mit Deep Raj fuhren wir mit dem Boot auch auf die kleine
Insel im See, auf der sich ein kleiner Hindu-Tempel befindet.
Irgendwann machte ich mich dann auch auf den Rückweg. Unterwegs stellte ich fest, dass ich mich etwas
beeilen muss, da hier die Nacht ziemlich schnell hereinbricht und so war es bereits dunkel, als ich
wieder im Dorf ankam. Zum Glück wartete zur Stärkung bereits eine riesige Portion Dalbat auf mich!
Die Tica-Zeremonie
In dem Dorf waren eigentlich alle Be-wohner und Bewohnerinnen Hindus und so kam ich zum ersten Mal
auch in Kontakt mit dieser Religion. Alle Hindu tragen als Zeichen ihrer Zugehörigkeit zur Religion
ein Schnurband um die Schulter unter dem Hemd. Dieses bekommen sie im Alter von neun Jahren und es
bleibt für ihr ganzes Leben. Aber Vorsicht: falls sie es verlieren sollten, wird ihnen die Heirat
verwehrt.
Während des Abendessens lief im Fernsehen immer die neueste Folge der “Anuman“-Serie, in der es um
einen Kampf ging, bei dem die Götter das Volk unterstützten. Anuman ist dabei einer von vielen Göttern,
die in der Serie vorkommen. Dies war doch ganz praktisch so nebenbei ein paar Bilder der indischen
Gottheiten zu sehen zu bekommen.
Am 1. November stand schließlich das “Bure Tica“-Festival an, das Fest, in dem die Tica - der Punkt
auf der Stirn - verehrt wird. Da Deep Rajs Vater in diesem Jahr verstorben ist, galt für die ganze
Familie ein Jahr lang die Feste nicht zu feiern und auch auf den Verzehr von Fleisch und Alkohol
ein Jahr lang zu verzichten (keine schlechte Tradition, was meint ihr?!).
Doch der Nachbar Mari Passat und dessen Frau Guma Devi mochten mich und luden mich ein, das Fest
mit ihnen zu feiern. Welche Ehre! Auch hatten sie zwei Kinder, Sami und Sanchu, die ich bereits
beide ins Herz geschlossen hatte.
Zu diesem Fest ist es üblich, Geschenke zu machen und so packte ich meine letzten Schokoladentafeln
liebevoll in Blätter ein und fertigte zwei Geldumschläge an. Frisch rasiert und gewaschen und
in meiner “besten“ Kleidung wartete ich an diesem Morgen auf den Beginn der Zeremonie.
Das Tica-Fest ist für die nepalesischen Hin-dus das zweitwichtigste Fest im Jahr. Es geht darum,
dass die Götter den Menschen die Tica spendeten, welche Schutz vor dem Gott des Todes bietet. Daher
wird den Männern in der Zeremonie von den Frauen eine große Tica angebracht.
Auch die verschiedenen Farben der Tica haben unterschiedliche Bedeutungen, die aller-dings nur
die Schriftgelehrten kennen.
Wie die meisten Hindu-Zeremonien wird auch dieses Fest zu Hause und nicht im Tempel gefeiert.
Der Hinterhof des Hauses wurde schön farbenfroh ge-schmückt und man erwartete mich bereits. Die
kleine Sanchu und ihre Tante brachten auf meiner Stirn eine große und schmucke Tica an.
Anschließend gab es ein Festmahl zu essen!
Der restliche Tag wurde damit verbracht, Karten zu spielen, denn dies war auch als Teil der
Festzeremonie so vorgeschrieben (ist das nicht herrlich, eine Religion die Kartenspielen als Ritual
vorsieht!). Spät abends als noch aus den Dorf die Trommeln der Festlichkeiten hinaufschall-ten fielen
wir erschöpft ins Bett. Die Tica allerdings sollte noch eine ganze Woche meine Stirn zieren und alle
Dörfler lobten meine Tica, wenn sie mich in den folgen-den Tagen sahen. Dem Glauben nach wird einem
ein langes Leben zu Teil, je länger die Tica nicht abfällt und eine Woche war schon ziemlich lange...
Aller Abschied ist schwer
Deep Raj und seine frisch geheiratete Gemahlin hatten bereits ein kleines Baby, genannt Brotnik.
Während meiner An-wesenheit wurde es mehr und mehr zu meiner Aufgabe, auf den kleinen Babu aufzupassen.
Er hatte eine schöne Flecht-korbwiege und so verbrachte ich Stunde um Stunde damit, den Babysitter zu
spielen. Schnell hatte ich herausgefunden, wie man den kleinen Scheißer zu beru-higen hatte, und so
hörte man mich oft „Hahaa Babu, haha!“ rufen, während ich die Wiege schwang.
In meinem Monat bei Deep Raj lernte ich noch viel mehr Mitglieder seiner Familie kennen, doch es würde
diesen Rahmen sprengen, alles im Detail zu berichten. Jedenfalls beschloss ich eines Tages auf-
zubrechen, doch Deep Raj meinte, wir müssen vorher noch einen Ausflug nach Dhampus machen.
Dies ist das letzte Dorf, bevor die Annapurna Conversation Area beginnt, wofür Touristen eine
Zugangserlaubnis kaufen müssen, die ich mir natürlich sparte. Wir kamen dort bei seinem Onkel unter,
der ein Hotel und Restaurant unter-hielt. Es war ein sehr schöner Ausblick auf die Berge zu beobachten
und am nächsten Tag machten wir eine schöne kleine Wanderung durch die tolle Landschaft.
Allerdings kamen einem unterwegs doch massig Touristen entgegen und die gesam-te Infrastruktur ist
auf den Tourismus ausgelegt. Wer also das Gefühl von Abge-schiedenheit erleben möchte, muss sich entweder
in die unbekannten Gegenden Nepals begeben oder woanders hin reisen.
Spät abends kamen wir wieder zuhause bei Deep Raj an und ich bereitete meine Ab-reise vor. Doch wie
es der Zufall so wollte, streckte mich am nächsten Tag plötzliches Fieber nieder und so kam ich erst
eine Woche später am letzten Tag meines Nepal Visums dazu, Lebewohl zu sagen.
Ich nutzte die Zeit aber noch, um einen weiteren Road Song vor dem unvergleichlichen Panorama des Himalaya aufzunehmen. Der Song ist „The chicken“ und das Dorf im Hintergrund ist eben jenes, wo ich einen unvergesslichen Monat verbringen und viele neue Freunde finden konnte.
Road Songs #8: The chicken(Annapurna Himal, Nepal)